BayQS – Bayerisches Kompetenzzentrum Quanten Security and Data Science

BayQS
Logo des Bayerischen Kompetenzzentrums Quanten Security and Data Science

Quantencomputer haben das Potenzial, in vielen Industrien disruptive Veränderung herbeizuführen und eine Vielzahl neuer Anwendungen zu ermöglichen. Diese Anwendungen umfassen beispielsweise effiziente Simulationen für Katalysator-, Enzym- und Medikamentenentwicklung in Chemie- und Pharmaindustrie, die Simulation neuer Materialien für effizientere Solarzellen und Batterien im Energie- und Automotive-Sektor, effiziente Lösung komplexer Optimierungsprobleme in Logistik-, Finanz- und Versicherungsindustrie, Bild- und Signalverarbeitung für medizinische und industrielle Röntgencomputertomographie-Einsätze, Mobilfunk und natürlich auch Anwendungen der künstlichen Intelligenz und Cybersicherheit.

Die Entwicklung von Quantencomputern schreitet rasant voran, die Nutzung in industriellen Anwendungen hingegen steht noch am Anfang. Um Quantencomputing in der Breite anwendbar zu machen, müssen Grundlagen für eine einfachere, vertrauenswürdige Nutzung geschaffen werden.

Dieses Ziel verfolgt das Bayerische Kompetenzzentrum Quanten Security and Data Science BayQS und erforscht relevante Software-Fragestellungen im Zusammenhang von Quantencomputing.

Hier werden Lösungen entwickelt, um die Industrie bei der Identifikation von Quantenvorteilen bei praxisrelevanten Problemen zu unterstützen, und gleichzeitig Risiken für das geistige Eigentum an den gewonnenen Forschungsergebnissen bei der Nutzung aktuell verfügbarer Quantenhardwarezugänge zu minimieren, sowie die Entwicklung von Quantenalgorithmen zu vereinfachen.

Ziel des Kompetenzzentrums

Ziel des Projektes ist die Erforschung und Entwicklung von Grundlagenkonzepten und Lösungen und die Evaluierung von Prototypen im Bereich Quantencomputing.

Dabei gliedert sich das Projekt in drei Themenschwerpunkte:

  • Sichere Quantencomputing Programmierung & Plattformen
  • Robustes Quantencomputing
  • Quantencompting gestützte (hybride) Optimierung
Themenfelder des Projektes BayQS der Fraunhofer Institute AISEC, IKS und IIS

Die in BayQS behandelten Themenfelder erstrecken sich von der Modellierung und Simulation der Hardwareebene über algorithmische Problemlösungen bis zur sicheren, robusten Programmierung und einfachen Nutzung von Quantencomputern. Von zentraler Bedeutung für die Akzeptanz und Nutzung zukünftiger Quantencomputer ist die Frage der digitalen Souveränität in Bezug auf diese Schlüsseltechnologie. Dies umfasst Forschung zum Thema der Sicherheit von Quantenalgorithmen sowie hybrider Berechnungsmodelle von Quantencomputing-Plattformen ebenso wie Fragestellungen der Zuverlässigkeit von Quantencomputing-basierten Berechnungen.

Ein Forschungsziel ist beispielsweise die Erarbeitung von Konzepten und Architekturen, um neue QC-basierte Algorithmen zur Optimierung von Prozessen sicher und robust zu machen, so dass geistiges Eigentum vor dem Ausspähen und vor Manipulation geschützt werden kann.

Für Anwendungen aus dem Hochsicherheitsbereich müssen sowohl zuverlässige als auch manipulationssichere und vertraulichkeitsgewährleistende Ausführungsumgebungen bereitgestellt werden, damit Anwender die Vorteile des Quantencomputings ohne Nachteile nutzen können. Zudem sollen sichere Zugangskonzepte erforscht werden, um den zukünftigen Kunden einen zugeschnittenen Zugang zu neuen Berechnungsmöglichkeiten zu ermöglichen.

Wie ist das Projekt aufgebaut?

Das Projekt bündelt in den drei Themenschwerpunkten Sicherheit, Robustheit, Optimierung die Kernkompetenzen der beteiligten Fraunhofer-Institute: Das Fraunhofer-Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit AISEC verfügt über langjährige Expertise im Bereich Cybersicherheit, das Fraunhofer-Institut für Kognitive Systeme IKS erforscht die Zuverlässigkeit Kognitiver Systeme und das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS unterstützt das Projekt durch die Erfahrungen und Kompetenzen im Bereich der QC-gestützen Optimierung von Systemen.

Als akademische Partner sind die TUM, die LMU und das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) direkt eingebunden.

Darüber hinaus ist BayQS einerseits Teil des nationalen Kompetenznetzwerks Quantencomputing der Fraunhofer-Gesellschaft, andererseits Teil des »Munich Quantum Valley«,  welches die Kompetenzen der Fraunhofer-Gesellschaft, Max-Planck-Gesellschaft, Leibniz-Rechenzentrum sowie den beiden Münchnern Universitäten LMU und TUM im Bereich Quantencomputing und anderen Quantentechnologien bündelt und stärkt. Durch den Software-Schwerpunkt ergänzt BayQS somit in idealer Weise die am Standort München bereits vorhandene Exzellenz auf der physikalischen und Hardware-Ebene.

Angebote und Services

Schulung, Weiterbildung & Workshops

Von Erstanwendern, die Quantencomputing kennenlernen möchten, bis zu Quanten-Experten sind alle willkommen. Managern bieten wir Awareness-Schulungen an, für Einsteiger in die Welt der Quantencomputer gibt es zum Kennenlernen der Thematik offene und Inhouse-Seminare, aber auch vertiefende Kurse in Kooperation mit unserem Lernlabor Cybersicherheit.

Individuelle Herausforderungen oder spezifische Algorithmen können wir in Form eines firmeninternen Workshops näher beleuchten und mit unserer Expertise gemeinsam ein auf Sie zugeschnittenes Lösungskonzept erarbeiten.

Wir unterbreiten Ihnen gerne ein individuelles Angebot.

Potenzial-Analyse und Hardware Readiness

Neben den großen Treibern des Quantencomputing wie IBM oder Google, arbeiten vor allem große Unternehmen mit ihren jeweiligen Forschungsabteilungen daran, zunächst explorierend die Möglichkeiten und Grenzen des QC zu evaluieren. Kleine und mittlere Unternehmen, aber auch größere Unternehmen ohne große Forschungsabteilungen, haben aktuell keinen direkten Zugriff auf die Technologie und die Möglichkeit einer Evaluierung.

Ausgehend von konkreten Fragestellungen eines Indusriepartners untersuchen wir zunächst, ob Quantencomputing einen Mehrwert bringen könnte, an welchen Stellen der Einsatz sinnvoll scheint und welche quantenalgorithmische Ansätze für das Problem in Frage kommen.

Wir versuchen das Potenzial, beispielsweise die möglichen Produktivitätssteigerungen oder Einsparungen, quantitativ abzuschätzen und Empfehlungen abzuleiten, ob durch den Einsatz von Quantencomputing bereits jetzt ein Nutzen entsteht oder ab welcher Hardware-Reife in der Zukunft der Nutzen erreichbar wäre.

Exklusiver Zugang zum IBM-Quanten-Computer

Im Rahmen von gemeinsamen Forschungskooperationen, Auftragsforschungprojekten und Schulungen haben interessierte Industriepartner ebenfalls die Möglichkeit, eigene Algorithmen auf dem deutschen IBM Quantencomputer unter deutschem Datenschutz- und IP-Recht zu testen: Seit Februar 2021 hat die Fraunhofer-Gesellschaft einen exklusiven Zugang zum europäischen IBM Quantencomputer »IBM Q System One« in Ehningen bei Stuttgart.

Mit dem Ziel der Erforschung und Entwicklung von neuen technologischen Lösungen auf dem Gebiet des Quantencomputings wird dieser Quantencomputer exklusiv durch die Fraunhofer-Gesellschaft genutzt. Der Quantencomputer befindet sich auf dem neuesten Stand der Technik und bietet der hiesigen Wirtschafts- und Innovationslandschaft eine Vielzahl an anwendungsbezogenen Forschungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Anwendungsschwerpunkte

Seit der Entwicklung des Algorithmus von Shor im Jahr 1994 ist die Zukunftssicherheit asymmetrischer kryptographischer Verfahren stark kompromittiert: Gerade fest verbaute Kryptokomponenten im industriellen Umfeld haben Lebenszyklen bis hin zu Jahrzehnten und sind somit anfällig gegenüber QC-basierter Kryptoanalyse. Hersteller und Nutzer dieser Komponenten haben bereits jetzt Bedarf an neuen, quantencomputerresistenten Verfahren oder Updatemechanismen für einen späteren Wechsel. Weiterhin gibt es großen Bedarf an Evaluationsdienstleistungen bezüglich der Postquanten Resilienz der firmeneigenen Sicherheitsinfrastruktur, Beratung bei der Erstellung passender Konzepte und deren Umsetzung.

Darüber hinaus sollen im Rahmen von BayQS aber auch symmetrische Verfahren mittels QC-gestützter Kryptoanalyse untersucht werden, um zu einer Sicherheitsbeurteilung von deren Zukunftssicherheit zu gelangen.

Quantum Machine Learning ist ein junges, interdisziplinäres Forschungsgebiet mit dem Ziel, klassische Ansätze des Machine Learning und Deep Learning durch den Einsatz von Quantencomputern und -Algorithmen zu beschleunigen, zu verbessern und datensparsamer zu machen. Das Spektrum reicht hierbei von lernbaren Quantenschaltkreisen (Variational Circuits) über hybride Ansätze mit speziellen Quantum Layern innerhalb von neuronalen Netzen bishin zu reinen Quantenalgorithmen.

In BayQS untersuchen wir neben Praktikabilität und Leistungsfähigkeit dieser Ansätze auch Zuverlässigkeit und Sicherheit (beispielsweise Anfälligkeit gegenüber sogenannter Adversarial Examples) und wie man diese verbessern kann.

Darüber hinaus können Quantencomputer eingesetzt werden, um klassische Machine Learning Modelle zu zertifizieren.

Die Absicherung von Quantencomputing-Plattformen in Cloud-Umgebungen zum Schutz von Know-How, Intellectual Property und zur Gewährleistung der Datensouveränität der Nutzer, sowie die Gewährleistung der Rechts- und Betreibersicherheit für Cloud Service Provider ist ein wichtiges Ziel von BayQS. Anschaffung und Betrieb eines Quantencomputers erfordern mehrstellige Millionenbeträge, sodass die Mehrheit der Unternehmen, insbesondere KMUs, auf Cloud Quantum Computing Dienstleistungen angewiesen sein wird. Dies birgt das Risiko von Know-how- und Datenverlust durch unsichere QC-Plattformen.

Im Zuge der Einführung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung stehen Anbieter von Dienstleistungen unter einem erhöhten Druck, technische Sicherheits-Maßnahmen bei der Verarbeitung von Daten umzusetzen. Es gilt hierbei der Grundsatz der sogenannten »Shared Responsibility«, d.h. die Cloud-Betreiber sind in der Verantwortung, technische Möglichkeiten, z.B. einer verschlüsselten Ablage von Daten anzubieten, die Benutzer dieser Dienste sind aber ebenso in der Pflicht, diese Möglichkeiten zu nutzen und korrekt zu konfigurieren.

In BayQS werden diese technische Möglichkeiten sowohl für Betreiber als auch Nutzer identifiziert und entwickelt.

Der Einsatz moderner Sensorik, insbesondere zur 2D- und 3D-Bildgebung, ist sehr vielfältig. Das betrifft vor allem auch die industrielle Messtechnik in allen Bereichen der High-Tech Produktion, unabhängig davon, ob Serienfertigung oder Losgröße-eins-Produktion betrachtet wird.

Ein Aufgaben-angepasster Einsatz von komplexer Sensorik umfasst zwei Herausforderungen, welche teilweise enorme kombinatorische Optimierungsprobleme sowie eine riesige zu verarbeitende Datenmenge hervorbringen.

Sowohl für die Verarbeitung von Bildsignalen als auch für die Lösung kombinatorischer Optimierungsprobleme gibt es bekannte Ansätze für Quantencomputer. Dazu gehören beispielsweise die Quantenfouriertransformation und die Möglichkeiten des Quantumannealing.

Im Rahmen von BayQS forschen wir daran, diese Ansätze für den Einsatz im Kontext moderner Sensorik erstmalig nutzbar zu machen und weiter zu entwickeln. Unser Ziel ist dabei, eine Quantencomputer-getriebene Bild- und Signalverarbeitung zu ermöglichen. Dies tun wir konkret am Beispiel der Röntgencomputertomographie, einer 3D bildgebenden Technik, für deren erfolgreichen Einsatz man die oben genannten Herausforderungen immer wieder neu lösen muss.

Viele Fragestellungen und Herausforderungen aus dem Bereich der Logistik lassen sich als mathematische Probleme formulieren und anschließend mit algorithmischen Methoden lösen. Dazu zählen unter anderem Planungs- und Routenprobleme.

Seit der Entdeckung des Faktorisierungsalgorithmus von Shor im Jahre 1994 und kurz darauf des Suchalgorithmus von Grover ist eine ganze Reihe weiterer Quantenalgorithmen entwickelt worden, die verschiedenste dieser Probleme schneller lösen können, als dies mit bekannten, herkömmlichen Methoden möglich ist. Zwei wesentliche Grundbausteine, die den Ursprung dieser Beschleunigung ausmachen, sind die Quanten-Fouriertransformation sowie die Amplitudenverstärkung (engl. „Amplitude Amplification“). Ein grundsätzliches Problem, welches allen dieser Quantenalgorithmen gemein ist, stellt die Anforderung an die Hardware dar: Für praxisrelevante Problemgrößen ist diese so groß, dass sie von derzeitigen und geplanten Quantenrechnern nicht erfüllt werden kann.

Einen Versuch, dieses Problem zu umgehen, bilden die hybriden Variationsansätze (engl. „Variational Quantum Eigensolver“). Hierbei werden klassisch algorithmische Methoden zur Lösung von Optimierungsproblemen mit Quantenalgorithmen kombiniert, um bereits kleinste Quanten-Ressourcen bestmöglich auszuschöpfen. Der klassische Optimierungsalgorithmus nutzt dabei einen parametrierbaren Quantenalgorithmus, wie beispielsweise das „Quanten-Annealing“ oder den „Quantum Approximate Optimization Algorithm“, um Lösungsvorschläge zu generieren und versucht, deren Qualität durch geeignete Parameterwahl zu verbessern.

Im Rahmen von BayQS sollen mögliche Vorteile durch den Einsatz von Quantenrechner im Bereich Logistik herausgearbeitet werden – sowohl konzeptionell und perspektivisch als auch für bereits bestehende oder geplante Quantenrechner.

Die Entwicklung von Mobilfunk ist eine der einflussreichsten Technologien unserer Zeit. Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird diese Entwicklung von Fraunhofer-Instituten mitgestaltet. Die Entwicklung erschließt immer höhere Frequenzbereiche und komplexere Systeme, was Herausforderungen mitbringt, welche nur mit grundsätzlich neuartiger Technologie gelöst werden können.

Für die Ortbestimmung in Mobilfunknetzen bietet 5G ein neues Framework mit Lokalisierungsmethoden der Laufzeit- und Winkelmessung von Funksignalen. Insbesondere in Szenarien mit Abschattungen und Mehrwegeausbreitung sind die Randbedingungen für Lokalisierung schwierg. Hierzu ist ein vielversprechendes Lösungsverfahren zur Gewinnung guter Messdaten die Funkkanalschätzung mit Hilfe von Mehrantennensystemen, sogenannten Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Antennen. In höheren Frequenzbereichen und verteilten Systemen wird sowohl die Mess- als auch die Konfigurations- und Signalisierungsaufgabe sehr komplex. Die Verfahren sind wegen der Größe des Systems und vieler dynamischer Parameter sowohl sehr rechenintensiv als auch sehr zeitkritisch.

Die zugrundeliegenden nicht-konvexen Optimierungsprobleme lassen sich im Vergleich zu üblichen Algorithmen (wie z.B. Exhaustive Search), mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz effizienter lösen. Da die Aufgaben wie etwa Beamkoordination und Ortsbestimmung in Funknetzwerken nur interaktiv in Realzeit Lösbar sind, sind hier Reinforcement Learning basierten Verfahren besonders geeignet. Bei diesen Verfahren interagiert der „Lerner“ mit seiner Umgebung, deren Zustand er entweder vollständig oder nur partiell durch eine entsprechende Beobachtung durch Ausführen einer Aktion gemäß einer zugrundeliegenden Strategie wahrnehmen kann.

Wir forschen daran, solche Reinforcement Learning Verfahren durch das Einbeziehen von Quantenrechnern effizienter umzusetzen. Auch wenn es bereits einige theoretische Vorschläge zur Umsetzung von Quantum Reinforcement Learning gibt, welche zum Teil auf Grover-artiger Amplitudenverstärkung basieren, sind die zu erwartenden Laufzeitbeschleunigungen moderat. Allgemein können Quantenvorteile bezüglich verschiedener Dimensionen der algorithmischen Komplexität verortet werden. Es werden hybride Reinforcement Learning Verfahren entwickelt und durch geeignete numerische Experimente bzw. durch Einbindung realer Quantenhardware auf Quantenvorteile untersucht.

Beteiligte Institute und Partner

 

Kognitive Systeme

Fraunhofer IKS

 

Integrierte Schaltungen

Fraunhofer IIS